Mit der Verlängerung der Lebensdauer von Technikprodukten (aber auch nicht-technischen Produkten!) können wir aktiv Elektroschrott vermeiden und das Klima und die Umwelt entlasten. Auch wenn das richtige Recycling von Altgeräten eine wichtige Rolle spielt, ist das frühzeitige Reduzieren unseres Ressourcenverbrauchs weiterhin die wirksamste Maßnahme. Denn während des gesamten Lebenswegs eines Technikproduktes
entstehen zahlreichen negative soziale und ökologische Auswirkungen die Menschen und Umwelt schaden
. Aber wie kann das verlängerte Nutzen in der Praxis aussehen?
Eine veränderte Nutzungspraxis ist nötig
In unserer Forschung haben wir beobachtet, dass die verlängerte Nutzung von Produkten oft erst gelernt und angeeignet werden muss, beispielsweise wie ein Gerät gepflegt oder repariert
werden kann, oder welche Optionen es für den Gebrauchtkauf gibt
. Vielen Menschen ist nicht klar, welche technischen Faktoren die Lebensdauer verkürzen, sie wissen aber auch nicht, was sie selbst tun können, um die Nutzungsdauer zu verlängern. Lange Nutzungsdauer ist dabei nicht alles: Wer Geräte teilt oder verleiht, sorgt für eine effizientere Nutzung und damit auch eine bessere Ökobilanz. Auch wenn das Produkt dann nicht unbedingt länger lebt, hat es in seiner Lebenszeit mehr Nutzen gestiftet als bei einer Einzelnutzung. Hier gilt: 'Sharing is Caring'.
Über den individuellen Beitrag hinaus ist es sehr wichtig, dass auch gesellschaftlicher Druck für eine andere Produktpolitik
aufgebaut wird.
Die Relevanz neuer Produktpolitik, Wirtschaft & gesellschaftlicher Teilhabe
Zu schnell wird die Verantwortung für nachhaltige und in unserem Fall langlebige Techniknutzung allein bei den Nutzer*innen gesehen. Auch wenn Pflege und Reparatur notwendig sind, so ist langlebige Technik nur dann möglich, wenn die Produkte sich überhaupt reparieren und langlebig nutzen lassen. Denn derzeit sind Produkte oft genau das Gegenteil: schlecht reparierbar
oder durch kurzlebige Software
in ihrer Lebensdauer begrenzt. Um das zu ändern, braucht es neue politische Rahmenbedingungen für robuste, reparierbare und langlebige Produkte. Von der Durchsetzung in rechtlichen Grundlagen
, zur Förderung von modularer Bauweise
und der Veränderung unser lineraren Wirtschaftsweise hin zu zirkulären Produktionsprozessen
. Doch auch bei einer Kreislauf-orientierten Produktionsweise darf es nicht stehen bleiben. Das Mitgestalten an alternativen Produktions- und Konsummustern Grundvoraussetzung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, bei der wir alle teilhaben sollten
. Denn langlebige Produkte dürfen kein Luxus für Wenige sondern müssen der Standard für Alle werden. Dafür braucht es bezahlbare Services und Orte wo Reparaturen und Austausch stattfinden kann.
Langlebige Technik schont Umwelt und Geldbeutel
Laut einer aktuellen Studie die im Auftrag der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) durchgeführt wurde [1]
, könnten Verbraucher*innen in Deutschland allein bei vier Produktgruppen (Fernseher, Smartphones, Waschmaschinen und Notebooks) 3,67 Milliarden Euro pro Jahr sparen- wenn die Produkte länger halten würden. In Bezug auf CO2-Einsparungen hat die Studie herausgearbeitet, dass eine verlängerte Nutzung dieser vier Produktgruppen ein Einsparpotential von 3,93 Millionen Tonnen CO2 jährlich hat. Das entspricht dem Ausstoß von 1,85 Millionen Autos.
Abbildung 1: Großes jährliches Einsparpotential bei längerer Nutzungszeit | Infografik des vzbv | November 2020 (Bildquelle [1]
).
Die Studie fasst zusammen, dass bei allen untersuchten Produktgruppen – Fernseher, Smartphones, Waschmaschinen und Notebooks – Verbraucher*innen viel Geld einsparen, wenn sie sich für langlebige Produkte entscheiden. Eingerechnet sind dabei sind die Kosten für den Energieverbrauch und mögliche Reparaturen. Welches Produkt dabei das größte Einsparpotential bei einer verlängerten Nutzung hat? Smartphones! Bei einer gewünschte Nutzungsdauer von sieben Jahren, könnte der*die einzelne Verbraucher*in bis zu 242 Euro sparen [1]
.
Recycling als Ressourcenschutz? Wichtig, aber nicht ausreichend!
Derzeit hängt die tatsächliche Rückgewinnungsquote im Recycling sehr stark von den jeweiligen Produkten und Materialien ab: Während für Metalle wie Eisen, Kupfer und Aluminium bereits sehr gute Recyclingprozesse existieren, ist die Rückgewinnung von Edel- und Sondermetallen, welche insbesondere in hochtechnisierten Geräten wie Laptops, Handys, Smartphones und Computern stecken, noch deutlich ausbaubar. Diese ressourcenrelevanten Metalle (also Metalle wie z.B. Gold, bei denen die Primärgewinnung häufig mit sehr hohen Umweltbelastungen verbunden ist), sind häufig nur in geringen absoluten Mengen pro Gerät enthalten. Auf die gesamte Abfallmenge kommt jedoch einiges zusammen. So sind zum Beispiel in einer Tonne Handys etwa 250 Gramm Gold enthalten [2]
. Derzeit werden hochtechnisierte Geräte jedoch mit anderen weniger ressourcenrelevanten Elektroaltgeräten vermischt (z.B. Drucker, Kopierer), wodurch der relative Anteil der wertvollen Metalle in der Abfallmenge sinkt [2]
. Um ressourcenrelevanten Metalle konsequent zu recyceln und Primärressourcen zu schonen, bräuchte es also verbesserte Recyclingprozesse, wie z.B. eine bessere Altgerät-Erfassung.
Ressourcen schonen durch langlebige Technik
Ein verbessertes und erhöhtes Recycling ist ein wichtiger Schritt, um die Umweltauswirkungen von Technikprodukten zu reduzieren. Jedoch können Ressourcen nicht allein durch effizientes Recycling geschont werden. Denn durch technische Entwicklungen bei Elektro- und Elektronikprodukten muss sich die Recyclingtechnik immer wieder an anpassen und kann in der Zwischenzeit die enthaltenen Rohstoffe nicht optimal oder gar nicht zurückgewinnen [2]
. Bei einem niedrigen Marktpreis für die jeweiligen Primärrohstoffe ist das Recycling für die Recyclingunternehmen nicht gewinnbringend und führt dazu, dass nicht alle Rohstoffe vollständig wiedergewonnen werden, auch wenn es aus ökologischer Perspektive sinnvoll wäre.
Um die natürlichen Ressourcen zu schonen und die Auswirkungen auf Umwelt und Menschen zu reduzieren, ist grundsätzlich eine Reduktion der anfallenden Gesamtmenge von Elektroaltgeräten anzustreben. Die möglichst lange Nutzung von Technik und die Produktion von langlebigen Elektronikgeräten bietet damit derzeit das größte Potential, um Ressourcen zu schonen.
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