Wenn es in den Medien um die Lebensdauer von Produkten geht, dann spielt die so genannte geplante Obsoleszenz
oft die Hauptrolle. Geplante Obsoleszenz, das ist nach der landläufigen Auffassung die bewusste – manche meinen sogar arglistige – Verkürzung der Lebensdauer von Produkten durch die Produktentwickler*innen. Doch ist das die einzige Antwort auf die Frage, was die Lebensdauer verkürzt?
Der Dokumentarfilm „Kaufen für die Müllhalde
“ von Cosima Dannoritzer hat 2011 auf eindrucksvolle Weise einige historische und aktuelle Fälle gezeigt, in denen die technologische Forschung und Entwicklung allem Anschein nach dafür eingesetzt wurde, Konsumgüter eher kurzlebiger zu machen als das Beste aus ihnen herauszuholen. Dieser Film hat international, aber insbesondere in Deutschland und deutschen Medien einen regen Diskurs ausgelöst.
Das Thema ist seitdem ein Dauerbrenner, der unter anderem die Gründung von Vereinen wie MurksNeinDanke e.V.
und verschiedene Forschungsprojekte wie die Studien des Umweltbundesamtes
, aber auch Gesetzesinitiativen wie das französische Gesetz gegen geplante Obsoleszenz mit sich brachte.
Obsoleszenz besser verstehen
Unsere Überblick-Texte um die vielseitigen Aspekte von kurzlebiger Technik besser zu verstehen:
In den Medien wird aber oft eine lineare Sicht auf das Phänomen Obsoleszenz beziehungsweise kurzlebige Gebrauchsgüter vorgestellt: Unternehmen und Produkthersteller und Konsument*innen die Opfer. Unterfüttert wird diese Perspektive insbesondere in den Mediendarstellungen durch immer wieder dieselben Beispielfälle, wie das Glühbirnen-Kartell, durch das in den 1930er-Jahre die Brenndauer von Glühbirnen reduziert wurde oder die Manipulation von Drucker-Software, die die Anzahl der gedruckten Seiten bis zum Ausfall reduziert. Diese Fälle sind umfassend untersucht und relativ eindeutig, abgesehen davon wird die Beweislast aber eher über Anekdoten angereichert und weniger über wissenschaftliche Quellen. Geplante Obsoleszenz wird stattdessen vor allem als alltägliche Erfahrung dargestellt, die Artikel beginnen häufig mit einem Satz wie „Wie jeder von uns schon einmal erlebt hat, gibt die elektrische Zahnbürste/ der Drucker/ der Mixer…. kurz nach Ablauf der Gewährleistung den Geist auf.“ Damit werden alle Leser*innen zu potentiellen Opfern der Arglist.
Diese Darstellung ist jedoch zu vereinfacht und deswegen nicht korrekt. Sie berücksichtigt nicht die komplexen Zusammenhänge, in denen Produkte entwickelt, vermarktet, angeschafft, genutzt und entsorgt werden. Dabei sind nicht nur die Wechselwirkungen von Herstellern, Handel und Nutzer*innen zu berücksichtigen, sondern auch die sich ändernden Eigenschaften von Produkten und politische Rahmenbedingungen. Wir möchten mit "Lang lebe Technik" die Komplexität des Themas deutlich und verstehbar machen. Zum Beispiel über die Betrachtung der Produktbiographie
, der Rolle von Wirtschaftslogik
, des Handels
und der rechtlichen Bedingungen
.
An dieser Stelle werden wir zudem bekannte Fälle aus den Medien aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und zeigen, dass es in den wenigsten Fällen die Planung ist, die zu kurzlebigen Produkten führt.
Unser erster Fall ist (coming soon!)
Empfohlene Publikation
Geplanter oder hervorgebrachter Verschleiß? Das Potential (umwelt)soziologischer Praxistheorien zum Verstehen von Obsoleszenz bei Konsumgütern
Obsoleszenz –verstanden als vorzeitige Veralterung oder frühzeitiger Verschleiß von Produkten, wurde im 20. Jahrhundert zu verschiedenen Zeitpunkten intensiv als gesellschaftliches Problem thematisiert, wobei beobachtet wird, dass diese Thematisierungen insbesondere in Zeiten kritischer Wendepunkte der Massenkonsumgesellschaft geschehen. Mit Einbruch des 21. Jahrhunderts kommt der Kurzlebigkeit von Produkten insbesondere im Elektro(nik)bereich eine besondere Aufmerksamkeit zu, unterstützt durch mediale Berichterstattungen und Inszenierungen sowie zivilgesellschaftliche Initiativen und Kampagnen.